Polizeiliche Kriminalprävention
Der Link zum Pragraph wurde kopiert
Polizeiliche Kriminalprävention
Runderlass des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen
42-22.62.02.01
Vom 16. Juli 2025
1
Grundsätze der Kriminalprävention
Kriminalprävention leistet einen zentralen Beitrag zur Inneren Sicherheit. Sie umfasst die Gesamtheit aller staatlichen und privaten Bemühungen, Programme und Maßnahmen, mit dem Ziel, die Kriminalität als gesellschaftliches Phänomen oder als individuelles Ereignis zu verhüten, zu mindern oder in ihren Folgen gering zu halten. Zu solchen Folgen zählen physische, psychische, soziale und materielle Schäden sowie Kriminalitätsangst, hier insbesondere die Furcht, Opfer einer Straftat zu werden.
Kriminalprävention hat sich an aktuellen gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen, insbesondere in Bereichen der Individualisierung, des demographischen Wandels, der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz auszurichten.
Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie erfordert die konstruktive Zusammenarbeit aller dafür in Frage kommender staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und Personen. Im Rahmen eines interdisziplinären Ansatzes ist ein aufeinander abgestimmtes Handeln der verschiedenen Akteurinnen und Akteure - unter Beachtung ihrer jeweiligen Kompetenzen und Zuständigkeiten - erforderlich. Im gemeinsamen Vorgehen können Synergieeffekte erzielt werden, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Auch die Bürgerinnen und Bürger selbst leisten mit ihrem verantwortungsvollem Verhalten einen wichtigen Beitrag zur Vorbeugung von Kriminalität.
Kriminalprävention erfolgt wirkungsorientiert. Der erwartete Nutzen kriminalpräventiver Maßnahmen ist auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu begründen oder, wo diese nicht vorliegen oder nicht hinreichend eindeutig sind, auf plausible, theoretisch abgeleitete Annahmen über Wirkzusammenhänge zurückzuführen. Sie bedarf einer ausformulierten Strategie, die klare, überprüfbare und realistische Ziele benennt und beabsichtigte Wirkungen definiert. Kriminalpräventives Handeln ist letztlich auf Veränderung ausgerichtet. Wirkungsorientierung gewährleistet größtmögliche Nachhaltigkeit; sie führt zu einem zielgerichteten Ressourceneinsatz und vermeidet die Fehlsteuerung von Personal, Zeitaufwänden und Finanzmitteln. Sie erhöht die Legitimität der Präventionsarbeit dadurch, dass sie sich auf Qualitätsstandards berufen kann.
2
Rolle der Polizei in der Kriminalprävention und Grundsätze der polizeilichen Kriminalprävention
Der gesetzliche Auftrag der Polizei, Straftaten zu verhüten, umfasst auch die Verpflichtung, Aufgaben der polizeilichen Kriminalprävention zielgerichtet wahrzunehmen. Polizeiliche Kriminalprävention ist als Teil der Gefahrenabwehr neben Strafverfolgung und Opferschutz integraler Bestandteil des polizeilichen Gesamtauftrags und damit polizeiliche Kernaufgabe.
Polizeiliche Kriminalprävention ist Aufgabe der gesamten Polizei Nordrhein-Westfalen. Sie beschränkt sich nicht auf die Arbeit spezialisierter Fachdienststellen, sondern erfordert ein entsprechendes Selbstverständnis aller Bediensteten der Polizei Nordrhein-Westfalen.
Alle polizeilichen Konzepte, Projekte, Programme und Kampagnen der Kriminalitätsbekämpfung sind ganzheitlich ausgerichtet und berücksichtigen entsprechend stets auch kriminalpräventive Aspekte. Dies gilt insbesondere auch für die Sicherheitsprogramme der Kreispolizeibehörden. Im Rahmen der Angebote der Kriminalprävention werden die Belange von Menschen mit Behinderungen, insbesondere zur Barrierefreiheit und Zugänglichkeit, angemessen berücksichtigt.
Das Tätigwerden der Polizei in der nach außen gerichteten Fachberatung und Informationssteuerung stellt ein Verwaltungshandeln der Polizei dar. Als staatliche Institution ist sie zur Neutralität verpflichtet. In der polizeilichen Beratungspraxis darf daher kein Produkt, kein Hersteller, keine Firma, kein Dienstleister und kein Verein ein Monopol oder eine vorrangige Bedeutung einnehmen.
Die Neutralität muss durch eine Abgrenzung zwischen behördlichen und anderen Akteurinnen und Akteuren erkennbar gemacht werden (Transparenz). Im Umgang mit Wirtschaftsbetrieben und sonstigen nichtstaatlichen Institutionen oder Vereinen ist insbesondere sicherzustellen, dass keinerlei Einflussnahmen auf polizeiliches Handeln oder polizeiliche Entscheidungen erfolgen. Die geltenden Regelungen und Erlasslagen zum Sponsoring und zur Korruptionsprävention sind zu beachten.
Eine auf längere Zeit absehbare Zusammenarbeit mit externen Verantwortungsträgern kann auf Grundlage eines Kooperationsvertrages erfolgen.
Die Verhinderung von Defiziten der Persönlichkeitsentwicklung durch Erziehung, Wertevermittlung oder Bildung, die Beseitigung sozialer Mängellagen und die Förderung sozialer Kompetenzen sind keine originären Aufgaben der Polizei. Gleichwohl kann sie im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung mittelbar auf diese Bereiche Einfluss nehmen.
Die Polizei kann andere Verantwortungsträger, beispielsweise Schulen, mittels ihrer kriminalfachlichen Expertise bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen, Konzepten, Projekten, Programmen und Kampagnen mit pädagogischer oder erzieherischer Zielrichtung unterstützen.
Die Vermittlung kriminalpräventiver Informationen an Kinder erfolgt grundsätzlich über Personensorgeberechtigte oder andere Personen und Einrichtungen mit Erziehungsauftrag. Hierzu kann die Polizei entsprechende Gruppen beraten und deren Projekte, Programme und Kampagnen unterstützen. Wenn es aus Gründen der Authentizität zielführend ist, kann die Polizei im Rahmen von deren Projekten, Programmen und Kampagnen einen aktiven Beitrag leisten.
Individuelle, auf einzelne Minderjährige bezogene präventive Angebote erfolgen grundsätzlich nicht durch die Polizei. Dem steht die auf den Einzelfall bezogene präventive Ausrichtung der Sachbearbeitung oder die Teilnahme an Fallkonferenzen, zum Beispiel zu jugendlichen Intensivtäterinnen und Intensivtätern oder im Rahmen der Initiative „Kurve kriegen“, nicht entgegen.
3
Ziele der polizeilichen Kriminalprävention
Leitziel polizeilicher Kriminalprävention ist es, Straftaten zu verhindern. Hierzu werden handlungsfeldübergreifend folgende Mittlerziele verfolgt:
a) Beseitigen beziehungsweise Mindern von Kriminalitätsrisiken und Stärkung von Schutzfaktoren,
b) Sensibilisieren der Bevölkerung für Gefahren, die aus Kriminalität erwachsen können,
c) Steigern des Informationsstandes der Bevölkerung über bestehende, sich verändernde und neue Kriminalitätsphänomene,
d) Reduzieren von Tatgelegenheiten,
e) Verhindern der Entstehung oder Verfestigung kriminogener Strukturen,
f) Fördern von sicherheitsbewusstem Verhalten der Bevölkerung,
g) Stärken des Selbstschutzgedankens in der Bevölkerung,
h) Stärken der Zivilcourage in der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Selbstschutzgedankens,
i) Schutz insbesondere vulnerabler Bevölkerungsgruppen vor einer Opferwerdung,
j) Geringhalten von Tatfolgen für Betroffene von Straftaten,
k) Abhalten tatgeneigter Personen von der Begehung von Straftaten,
l) Reduzieren des Rückfallrisikos bei identifizierten Täterinnen und Tätern sowie
m) Verhindern der Entstehung oder Verfestigung krimineller Karrieren.
Darüber hinaus ist das Reduzieren von Kriminalitätsfurcht beziehungsweise Stärken des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung ein Bestandteil der polizeilichen Kriminalprävention, obwohl sie nicht unmittelbar zur Reduktion von Kriminalität beitragen. Ein erhöhtes Sicherheitsgefühl fördert das Vertrauen in staatliche Institutionen und stärkt das subjektive Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger. Gleichzeitig trägt es dazu bei, Ängste und Unsicherheiten zu verringern, die das soziale Miteinander und die Teilhabe an der Gesellschaft negativ beeinflussen können. Dadurch wird einem möglichen Rückzug aus dem öffentlichen Leben entgegengewirkt, der mittelbar zu einer Abnahme der sozialen Kontrolle führen kann. Die Förderung des Sicherheitsgefühls unterstützt somit kriminalpräventive Ansätze, die auf eine stabile und sichere Gesellschaft abzielen.
Im Rahmen der polizeilichen Kriminalprävention wird außerdem eine Verbesserung der Wahrnehmbarkeit und Akzeptanz polizeilicher Präventionsmaßnahmen, sowohl innerhalb der Polizei als auch in der Außenwirkung sowie das Schaffen von Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei beziehungsweise staatliche Institutionen angestrebt. Beides kann mittelbar zur Verhinderung von Straftaten beitragen.
4
Ebenen und Zielgruppen der polizeilichen Kriminalprävention
Damit Maßnahmen polizeilicher Kriminalprävention wirken können, müssen sie bedarfsgerecht und zielgruppenorientiert ausgerichtet werden. Abhängig von der Zielrichtung, setzen sie auf unterschiedlichen Ebenen an. Sie richten sich zum einen an die Allgemeinbevölkerung, indem sie etwa die Öffentlichkeit über Gefahren informieren (universelle Kriminalprävention). Sie können zum anderen bei Personen (potenzielle Täterinnen und Täter oder potenzielle Opfer) oder Orten ansetzen, die ein erhöhtes Risiko für Straftaten aufweisen (selektive Kriminalprävention). Zudem können sie dort ergriffen werden, wo es bereits zu einer Straftat gekommen ist (indizierte Kriminalprävention).
Die Maßnahmen polizeilicher Kriminalprävention richten sich auf diesen verschiedenen Ebenen an potenzielle und tatsächliche Opfer sowie potenzielle und tatsächliche Täterinnen und Täter oder beziehen sich auf spezifische Situationen und Orte. Sie adressieren außerdem relevante Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, wie beispielsweise Lehrerinnen und Lehrer oder kommunale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
5
Standards polizeilicher Maßnahmen der Kriminalprävention
Die polizeiliche Kriminalprävention informiert über Erscheinungsformen der Kriminalität, Gefährdungseinschätzungen, Opferrisiken sowie tatbegünstigendes Verhalten. Sie gibt Empfehlungen zu tatreduzierenden und deeskalierenden Verhaltensweisen und verdeutlicht potenziellen Täterinnen und Tätern die rechtlichen und tatsächlichen Konsequenzen ihres Handelns.
Sie entwickelt zu verschiedenen Kriminalitätsphänomenen spezifische Schwerpunktthemen und hierzu kriminalpräventive Maßnahmen, Konzepte, Projekte, Programme und Kampagnen. Ihre Präventionsangebote werden interdisziplinär und vorrangig digital angeboten. Sie vernetzt sich mit staatlichen und nichtstaatlichen Präventionsträgern und unterstützt mit ihrem Informations- und Beratungsangebot deren Präventionsarbeit.
Erkennt die Polizei im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung Schwerpunkte beziehungsweise Entwicklungen im Kriminalitätsgeschehen, weist sie auf regionaler und überregionaler sowie landes- und bundesweiter Ebene auf etwaigen Handlungsbedarf hin und initiiert beziehungsweise unterstützt entsprechende Maßnahmen im Rahmen ihrer Zuständigkeit, ohne die Aufgaben anderer originär zuständiger Verantwortungsträger zu übernehmen.
Handlungsfeldübergreifende Standards polizeilicher Maßnahmen in der Kriminalprävention sind:
a) Multiplikatorenansatz bei der Informationssteuerung, insbesondere an pädagogische Fachkräfte, Sorgeberechtigte und sonstige Bezugspersonen vulnerabler Bevölkerungsgruppen,
b) Digitaler Ansatz bei der Informationssteuerung von polizeilichen Präventionsbotschaften durch vorrangige Nutzung digitaler Medien,
c) Angebot von Online-Veranstaltungen,
d) Beratungsangebote,
e) Vernetzen mit staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen und Personen,
f) Mitwirken an regionalen und überregionalen themenübergreifenden sowie themenspezifischen Netzwerken, Gremien und Kooperationen,
g) Erstellen von wirkungsorientiert ausgerichteten Maßnahmen, Konzepten, Projekten, Programmen und Kampagnen für eine zielgruppenorientierte Aufklärungsarbeit unter Berücksichtigung des Informations- und Unterstützungsangebotes des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen zur wirkungsorientierten Präventionsarbeit,
h) Bereitstellen und sachgerechtes Verteilen von analogem und digitalem Informationsmaterial unter Einbeziehung des bundesweiten Medienportfolios des Programms Polizeiliche Kriminalprävention (ProPK),
i) Fördern der Außendarstellung durch gezielte und fachlich abgestimmte Teilnahme an öffentlichkeitswirksamen Präventionsveranstaltungen, wie zum Beispiel Messen und Ausstellungen,
j) Mobile Beratungen an stark frequentierten Orten und Kriminalitätsbrennpunkten sowie
k) Zielgerichtete Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Erkannte Schwerpunkte beziehungsweise Entwicklungen im Kriminalitätsgeschehen werden durch fachliche Standards zu phänomenbezogenen Handlungsfeldern mittels Themenzetteln durch das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen spezifiziert und den Polizeibehörden nach Zustimmung des für Inneres zuständigen Ministeriums zur Verfügung gestellt. Sie geben einen verbindlichen Handlungsrahmen vor und gewährleisten die landesweit einheitliche Aufgabenwahrnehmung.
Themenzettel werden zu den Handlungsfeldern
a) Gewaltkriminalität,
b) Cyberkriminalität,
c) Kinderdelinquenz und Jugendkriminalität sowie Kinder- und Jugendschutz,
d) Betäubungsmittelkriminalität,
e) Eigentums- und Vermögensdelikten,
f) Kriminalität zum Nachteil von älteren Menschen,
g) Politisch motivierter Kriminalität,
h) Städtebau und
i) Clankriminalität
erstellt und anlassbezogen auf Anpassungs- und Ergänzungsbedarfe geprüft. Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen gewährleistet die Aktualität der Themenzettel und informiert die Kreispolizeibehörden über Aktualisierungen.
6
Zuständigkeiten und Aufgabenwahrnehmung
6.1
Führungskräfte
Die Führungskräfte der Polizei Nordrhein-Westfalen wirken darauf hin, dass Maßnahmen der polizeilichen Kriminalprävention im Rahmen der integrativen Aufgabenwahrnehmung zum selbstverständlichen Bestandteil des Alltagshandelns aller Polizeibediensteten werden. Sie gewährleisten, dass Maßnahmen der polizeilichen Kriminalprävention integrativ und direktionsübergreifend, unter Einhaltung der fachlichen Standards und mit angemessenem Ressourceneinsatz durchgeführt werden. Sie stellen sicher, dass alle Maßnahmen, Konzepte, Projekte, Programme und Kampagnen der Kriminalitätsbekämpfung ganzheitlich ausgerichtet sind und entsprechend auch kriminalpräventive Aspekte berücksichtigen. Sie wirken außerdem darauf hin, dass polizeiliche Kriminalprävention wirkungsorientiert erfolgt.
6.2
Kreispolizeibehörden
Die Kreispolizeibehörden Nordrhein-Westfalens zeigen gegenüber anderen Verantwortungsträgern kriminalitätsrelevante Entwicklungen auf und stellen für die Initiierung von Präventionsmaßnahmen benötigte Informationen, wie zum Beispiel Kriminalitätslagebilder und Kriminalitätsanalysen, zur Verfügung. Sie unterstützen den Ausbau von und die Arbeit in kriminalpräventiven Gremien und fachspezifischen Netzwerken. Sie initiieren eigene kriminalpräventive Maßnahmen, Konzepte, Projekte, Programme und Kampagnen, wirken auf kriminalpräventive Maßnahmen, Konzepte, Projekte, Programme und Kampagnen in der Verantwortung anderer Präventionsträger hin und beteiligen sich im Rahmen der eigenen Zuständigkeit daran.
6.2.1
Kriminalkommissariate Kriminalprävention und Opferschutz sowie für Kriminalprävention und Opferschutz zuständige Organisationseinheiten
Den Kriminalkommissariaten Kriminalprävention und Opferschutz obliegt die kriminalpräventive Fachberatung. Sie erfordert aktuelles Phänomen- und Lagewissen. Sie nutzen in diesem Zusammenhang Erkenntnisse sowie Lagebilder der Ermittlungs- und Auswertedienststellen.
Die Kriminalkommissariate Kriminalprävention und Opferschutz entwickeln unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten wirkungsorientierte kriminalpräventive Maßnahmen, Konzepte, Projekte, Programme und Kampagnen. Sie informieren alle Organisationseinheiten ihrer Behörde regelmäßig über eigene Präventionsangebote sowie die anderer Präventionsträger. Dazu nutzen sie neben örtlichen Veranstaltungen auch die zur Verfügung stehenden digitalen Medien.
Im Rahmen brennpunktorientierter oder lageangepasster Maßnahmen kann die kriminalpräventive Beratung im Zusammenwirken mit dem Bezirksdienst und unter besonderer Berücksichtigung der Wahrnehmbarkeit polizeilicher Präsenz erfolgen.
Soweit andere Organisationseinheiten für den Aufgabenbereich Kriminalprävention und Opferschutz zuständig sind, gilt dies entsprechend.
Zur Erreichung bestimmter Zielgruppen bietet sich eine Zusammenarbeit mit den für Verkehrsunfallprävention und Opferschutz zuständigen Dienststellen an.
6.2.2
Andere Kriminalkommissariate
Die kriminalpolizeilichen Bediensteten der anderen Kriminalkommissariate informieren im Rahmen ihrer Ermittlungsarbeit Opfer, andere Betroffene sowie Täterinnen und Täter über Präventionsmöglichkeiten und Beratungsangebote. Sie prüfen kriminalpräventiven Handlungsbedarf und übermitteln diesen an die für Kriminalprävention und Opferschutz zuständigen Organisationseinheiten.
6.2.3
Auswerte- und Analysestellen
Die Auswerte- und Analysestellen berücksichtigen bei der Erstellung von Kriminalitätslagebildern und -analysen für die Kriminalprävention relevante Informationen, Erkenntnisse aus Bevölkerungsbefragungen sowie demografische und sonstige Strukturdaten und beziehen diese ein. Sie stellen den für Kriminalprävention und Opferschutz zuständigen Organisationseinheiten das für deren Aufgabenerfüllung erforderliche aktuelle Phänomen- und Lagewissen zur Verfügung.
6.2.4
Dienststellen der Direktionen Gefahrenabwehr und Einsatz sowie Verkehr
Die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte der Direktionen Gefahrenabwehr und Einsatz sowie Verkehr tragen im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung mit zielgerichteter, sichtbarer Präsenz, insbesondere an Kriminalitätsbrennpunkten, zur Reduzierung von Tatgelegenheiten bei und stärken so, insbesondere in Angsträumen, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Sie geben Opfern und anderen Betroffenen situations- und lageangemessene kriminalpräventive Hinweise und verweisen auf die Beratungsangebote der für Kriminalprävention und Opferschutz zuständigen Organisationseinheiten.
6.2.5
Bezirksdienst
Der Bezirksdienst überwacht gefahrenträchtige Objekte, Kriminalitätsbrennpunkte und Treffpunkte von Problemgruppen. Er informiert initiativ andere polizeiliche Aufgabenträger über Handlungserfordernisse und unterstützt deren Maßnahmen.
Er beteiligt sich an bezirklichen Netzwerken, vernetzt sich auf regionaler Ebene und arbeitet mit staatlichen und nichtstaatlichen Akteurinnen und Akteuren in seinem Bezirk zusammen. Durch zielgerichtete, offene Präsenz sowie durch nachsorgende Aufsuche von Opfern, insbesondere nach Einbruchdelikten, trägt der Bezirksdienst zur Stärkung des Sicherheitsgefühls bei.
Auch in Schulen, Unterbringungseinrichtungen und kommunalen Flüchtlingsunterkünften vermittelt der Bezirksdienst zielgenaue und zielgruppenspezifische Präventionshinweise.
Eine enge Zusammenarbeit und ein fachlicher Austausch mit den für Kriminalprävention und Opferschutz zuständigen Organisationseinheiten sind von grundlegender Bedeutung.
6.2.6
Führungsstellen, Leitungsstäbe und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Den Führungsstellen der Direktionen obliegt im Rahmen der Zuständigkeit der Direktionen die Koordinierung abgestimmter Präventionsmaßnahmen.
Den Leitungsstäben kommt ebenfalls eine koordinierende Funktion zu. Sie stellen sicher, dass Aspekte der Kriminalprävention als Teil der Behördenstrategie im Sicherheitsprogramm sowie bei direktionsübergreifenden Maßnahmen, Konzepten, Projekten, Programmen und Kampagnen zur Kriminalitätsbekämpfung berücksichtigt sind. Sie gewährleisten die Beratung und Unterstützung der Organisationseinheiten bei der Evaluation.
Kriminalpräventive Schwerpunktsetzungen in der crossmedialen Kommunikation werden durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit insbesondere auch unter Nutzung der landesweiten Redaktionsplanung, unterstützt. Dabei wirken Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die für Kriminalprävention und Opferschutz zuständigen Organisationseinheiten eng zusammen.
6.3
Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen
Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen nimmt landeszentrale Aufgaben der polizeilichen Kriminalprävention wahr. Als Servicedienststelle erhebt und analysiert es Informationen über Erscheinungsformen und Entwicklungen der Kriminalität, Maßnahmen, Konzepte, Projekte, Programme und Kampagnen der Kriminalprävention, Ergebnisse wissenschaftlicher Grundlagenarbeit und eigener Forschung und stellt diese den Kreispolizeibehörden Nordrhein-Westfalen sowie den Landesoberbehörden der Polizei Nordrhein-Westfalen bedarfsorientiert zur Verfügung. Es legt nach Zustimmung des für Inneres zuständigen Ministeriums landesweite Präventionsschwerpunkte fest, erarbeitet anlassbezogene Maßnahmen, Konzepte, Projekte, Programme und Kampagnen, stimmt diese mit den Polizeibehörden ab und koordiniert deren landesweite Umsetzung. Es betreibt zielgruppenorientiert Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere zu landesweit relevanten Themen der Kriminalprävention. Es unterstützt die Kreispolizeibehörden bei der bezirklichen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen kann sich im Rahmen der Fachaufsicht für kriminalpolizeiliche Angelegenheiten von den Kreispolizeibehörden Nordrhein-Westfalen zu kriminalpräventiven Maßnahmen, Konzepten, Projekten, Programmen und Kampagnen berichten lassen.
Auf Landesebene wirkt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen in landesweiten Präventionsnetzwerken und -gremien mit. Es initiiert und unterstützt darin kriminalpräventive Maßnahmen, Konzepte, Projekte, Programme und Kampagnen anderer Verantwortungsträger.
Auf Bundesebene ist das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen an der Gremien- und Grundlagenarbeit sowie der länderübergreifenden Abstimmung von Präventionsschwerpunkten, Maßnahmen, Konzepte, Projekten, Programmen und Kampagnen sowie deren Umsetzung beteiligt. Es wirkt als Mitglied in der bundesweiten Kommission Polizeiliche Kriminalprävention an den Vorhaben des ProPK mit und setzt dessen Präventionsmaßnahmen auf Landesebene um.
Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen bezieht Erkenntnisse zu kriminalpräventiven Konzeptionen aus der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in die landesweite Präventionsarbeit mit ein. Es koordiniert die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und stellt den notwendigen Informationstransfer an die nordrhein-westfälischen Polizeibehörden sicher.
6.4
Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen
Für die polizeiliche Fortbildung erstellt das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen im Einvernehmen mit den anderen Landesoberbehörden zentrale funktionsorientierte Fortbildungskonzepte für Fachberaterinnen und Fachberater der polizeilichen Kriminalprävention, darunter sowohl Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte als auch Regierungsbeschäftigte. Die Standards polizeilicher Kriminalprävention werden zwischen dem Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen und dem Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen fachlich abgestimmt und unter fortlaufender Aktualisierung in die Fortbildung einbezogen.
Wirkungsorientiertes Arbeiten setzt qualifiziertes Fachpersonal voraus. Das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen ermöglicht Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern und deren Führungskräften den Zugang zu entsprechenden Qualifizierungsangeboten.
6.5
Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen
Das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen prüft Sicherheitskonzeptionen der Kreispolizeibehörden Nordrhein-Westfalen zu baulich-technischen Sicherungsmaßnahmen einsatzfachlich, zum Beispiel im Hinblick auf die Gefahrenabwehr in Anschlagsszenarien.
Bei Themen, wie zum Beispiel dem sicheren Schulweg, die eine Schnittmenge hinsichtlich der Inhalte und Zielgruppen der Verkehrsunfallprävention mit sich bringen, ist eine Beteiligung des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen sicherzustellen.
6.6
Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen
Die polizeiliche Ausbildung wird von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen verantwortet. In den Abschnitten Theorie, Training und Praxis werden die Grundlagen der Kriminalprävention vermittelt. Die Ausbildung befähigt Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte, Präventionsinhalte und Opferaspekte bei der täglichen Aufgabenwahrnehmung zu berücksichtigen.
7
Inkrafttreten
Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft und am 16. Juli 2030 außer Kraft.
MB.NRW 2025 Nr. 58.