Anerkennung von Forstbetriebsgemeinschaften
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Anerkennung von Forstbetriebsgemeinschaften
Runderlass des Ministeriums für
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
III.1 – 63.07.01.03
Vom 22. Juli 2025
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Allgemeine Voraussetzungen
Forstbetriebsgemeinschaften nach § 16 des Bundeswaldgesetzes vom 2. Mai 1975 (BGBl I S. 1037), in der jeweils geltenden Fassung, sind privatrechtliche Zusammenschlüsse von Grundbesitzern, die den Zweck verfolgen, die Bewirtschaftung der angeschlossenen Waldflächen und der zur Aufforstung bestimmten Grundstücke zu verbessern, insbesondere die Nachteile geringer Flächengröße, ungünstiger Flächengestalt, der Besitzzersplitterung, der Gemengelage, des unzureichenden Waldaufschlusses oder anderer Strukturmängel zu überwinden. Sie sind von der zuständigen Forstbehörde als forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse im Sinn des § 15 des Bundeswaldgesetzes anzuerkennen, sofern sie die Anerkennungsvoraussetzungen des § 18 des Bundeswaldgesetzes erfüllen. Die Forstbehörden haben gemäß § 13 Absatz 1 des Landesforstgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. April 1980 (GV. NRW. S. 546), in der jeweils geltenden Fassung, darauf hinzuwirken, dass die Waldbesitzenden, insbesondere diejenigen, deren Flächen nach Größe, Lage oder Zusammenhang für eine Bewirtschaftung nach neuzeitlichen forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht geeignet sind, forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse bilden. Anerkennungsbehörde ist der Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen (Landesbetrieb). Natürliche und juristische Personen mit Waldbesitz können Mitglieder in Forstbetriebsgemeinschaften sein. Das Mitgliedsverzeichnis der Forstbetriebsgemeinschaft enthält genaue Flurstücksangaben zu den Waldflächen, die durch die Mitgliedschaft der Waldbesitzenden zu den angeschlossenen Grundstücken der Forstbetriebsgemeinschaft gehören.
Die Anerkennung erfolgt auf Antrag, sofern die Voraussetzungen nach § 18 des Bundeswaldgesetzes erfüllt sind.
In Bezug auf die Voraussetzung nach § 18 Absatz 1 Nummer 2 des Bundeswaldgesetzes müssen die Forstbetriebsgemeinschaften nach Größe, Lage und Zusammenhang aller angeschlossenen Grundstücke eine wesentliche Verbesserung der Bewirtschaftung ermöglichen. Um das Vorliegen dieser Voraussetzung prüfen zu können, wirkt die Anerkennungsbehörde darauf hin, dass die Antragstellenden mit dem formalen Antrag auf Anerkennung
a) aussagekräftige Unterlagen dazu vorlegen, auf welche grundstückbezogenen Strukturmängel der einzelnen Mitgliedsflächen sich die Antragstellenden unter dem Aspekt der gewählten Aufgaben der Forstbetriebsgemeinschaft berufen und
b) anhand konkreter Vorher-Nachher-Beispiele darlegen, welche Möglichkeiten zur wesentlichen Verbesserung der Bewirtschaftung exemplarischer Mitgliedsflächen der Zusammenschluss voraussichtlich bietet.
Auf Grundlage der Gesetzesmaterialien zum Dritten Kapitel des Bundeswaldgesetzes „Forstliche Zusammenschlüsse“ sowie der Entscheidungen des VG Dresden vom 14.10.1999, 1 K 102/98 und des Sächsischen OVG vom 16.05.2000, 3 B 7/00 geht der Landesbetrieb bei der Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen des § 18 des Bundeswaldgesetzes von den nachfolgenden Grundsätzen aus.
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Größe der Forstbetriebsgemeinschaft
Nach den Zielvorstellungen des Bundeswaldgesetzes und des Landesforstgesetzes sind privatrechtliche Zusammenschlüsse am besten geeignet, die Eigeninitiative der Waldbesitzenden zur Geltung zu bringen und wirksam werden zu lassen. Forstbetriebsgemeinschaften sollen ihre satzungsgemäßen Aufgaben daher möglichst eigenständig wahrnehmen können. Dazu gehört insbesondere eine ordnungsgemäße Geschäftsführung. Damit dies wirtschaftlich möglich ist, soll die Forstbetriebsgemeinschaft eine Mindestgröße aufweisen. Diese bezieht sich auf die der Forstbetriebsgemeinschaft angeschlossenen Waldflächen der Mitglieder. Als Untergrenze, ab der bei Neugründung einer Forstbetriebsgemeinschaft angenommen werden kann, dass sie eine wesentliche Verbesserung der Bewirtschaftung ermöglicht, wird im Regelfall eine Gesamtmitgliedsfläche von 800 Hektar angesehen.
Bereits anerkannte Forstbetriebsgemeinschaften bleiben von dieser Regelung unberührt. Im Rahmen der Betreuung anerkannter Forstbetriebsgemeinschaften wirkt der Landesbetrieb auf eine Vergrößerung der Gesamtmitgliedsfläche hin und regt insbesondere die Aufnahme neuer Mitglieder oder die Zusammenlegung mit benachbarten Forstbetriebsgemeinschaften an.
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Lage und Zusammenhang
Die Waldflächen aller Mitglieder der Forstbetriebsgemeinschaft müssen einen auf die Erfüllung der satzungsgemäßen Aufgaben bezogenen räumlich-funktionalen Zusammenhang bilden und eine wesentliche Verbesserung der Bewirtschaftung aller Grundstücke ermöglichen. Eine Beschränkung der Mitgliedschaft auf Waldflächen innerhalb von Gemeindegrenzen ist nicht erforderlich. Im Regelfall geht die Anerkennungsbehörde vom Vorliegen eines räumlich-funktionalen Zusammenhangs aus, wenn sich die Forstbetriebsgemeinschaft den Aufgabenkatalog des § 17 des Bundeswaldgesetzes umfassend zur Aufgabe gegeben hat und die Mitgliedsflächen der Forstbetriebsgemeinschaft in räumlichem Zusammenhang auf dem Gebiet eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt oder unmittelbar angrenzender Kreise oder kreisfreier Städte liegen.
Im Regelfall ist ein räumlicher Zusammenhang gegeben bei Waldflächen,
a) die benachbart im Sinn des § 48 des Landesforstgesetzes sind oder
b) die innerhalb der Flächenkulisse einer anerkannten Forstbetriebsgemeinschaft liegen oder
c) die an die Flächenkulisse einer anerkannten Forstbetriebsgemeinschaft angrenzen oder
d) die weniger als 25 Kilometer von der Flächenkulisse einer anerkannten Forstbetriebsgemeinschaft entfernt liegen und bei denen die örtliche Entfernung der Mitgliedsflächen der wirtschaftlichen Erledigung der satzungsgemäßen Aufgaben nicht entgegensteht.
Naturräumliche Gegebenheiten, wie zum Beispiel Gewässer oder Straßen im Sinn des § 3 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1995 (GV. NRW. S. 1028, ber. 1996 S. 81, S. 141, S. 216 und S. 355, ber. 2007 S. 327), in der jeweils geltenden Fassung, unterbrechen nicht den räumlichen Zusammenhang. Bei Siedlungsbereichen, Autobahnen, Bundesstraßen, Bundeswasserstraßen und stehenden Gewässern ist die Trennungswirkung im Einzelfall zu betrachten.
Bei Forstbetriebsgemeinschaften, die sich in ihrer Satzung für eine begrenzte Aufgabenstellung nach § 17 des Bundeswaldgesetzes entschieden haben, können die Anforderungen an Lage und Zusammenhang der Mitgliedsflächen im Einzelfall abweichen. In diesen Fällen bedarf es einer konkreten Einzelfallprüfung auf Grundlage der von den Antragstellenden beigebrachten Unterlagen.
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Mitgliedschaft in Forstbetriebsgemeinschaften
Gemäß § 13 Absatz 1 des Landesforstgesetzes wirkt der Landesbetrieb im Rahmen seiner hoheitlichen Aufgaben darauf hin, dass die Waldbesitzenden möglichst mit allen Waldflächen, die sich im engen räumlichen Zusammenhang mit den angeschlossenen Waldflächen einer Forstbetriebsgemeinschaft befinden, Mitglied in dieser Forstbetriebsgemeinschaft werden. Liegen die Waldflächen einzelner Waldbesitzenden in räumlichem Zusammenhang mit unterschiedlichen Forstbetriebsgemeinschaften, so ist es für die Anerkennung unerheblich, wenn eine Mitgliedschaft in mehreren Forstbetriebsgemeinschaften mit jeweils unterschiedlichen Waldflächen besteht.
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Größe der Mitgliedsbetriebe
Forstbetriebsgemeinschaften verfolgen den Zweck, insbesondere die Nachteile geringer Flächengröße, ungünstiger Flächengestalt, der Besitzzersplitterung, der Gemengelage, des unzureichenden Waldaufschlusses oder anderer Strukturmängel zu überwinden. Solche grundstücksbezogenen Nachteile weisen große, selbständig wirtschaftende Forstbetriebe in der Regel nicht auf, können im Einzelfall aber dazu beitragen, gerade durch den Zusammenschluss mit kleinen Forstbetrieben in einer gemeinsamen Organisation die Bewirtschaftung aller angeschlossenen Grundstücke wesentlich zu verbessern.
Bei Mitgliedsflächen bis zu 200 Hektar und einer umfassenden Aufgabenstellung der Forstbetriebsgemeinschaft kann die Anerkennungsbehörde ohne besondere Prüfung davon ausgehen, dass der Zusammenschluss für diese Mitglieder im Regelfall eine wesentliche Verbesserung der Bewirtschaftung ermöglicht. Für diese Mitgliedsflächen gelten die besonderen Anforderungen an die Antragsunterlagen nach Nummer 1 Buchstabe b nicht.
Bei Mitgliedsflächen über 200 Hektar prüft die Anerkennungsbehörde auf Grundlage der satzungsgemäßen Aufgabenstellung der Forstbetriebsgemeinschaft und der beigebrachten Unterlagen nach Nummer 1 Buchstabe b im Einzelfall, welche Möglichkeiten zur wesentlichen Verbesserung der Bewirtschaftung der Zusammenschluss gerade diesen Mitgliedern und zugleich ihre Mitgliedschaft dem Zusammenschluss bietet.
Im Rahmen der Einzelfallprüfung kann die Anerkennungsbehörde berücksichtigen, dass nach den Gesetzesmaterialien zum Dritten Kapitel des Bundeswaldgesetzes „Forstliche Zusammenschlüsse“ der Bundesgesetzgeber einen grundstücksbezogenen „anderen“ Strukturmangel eines Grundstücks des kleineren Privatwaldes angenommen hat, wenn das Grundstück hohe Anteile ertragsloser oder ertragsschwacher Bestockung aufweist. In Folge der seit dem Jahr 2018 aufgetretenen Kalamitätsschäden sind in Nordrhein-Westfalen von einem derartigen Strukturmangel derzeit auch Grundstücke des mittleren und großen Privat- und Körperschaftswaldes betroffen.
Soweit sich eine Forstbetriebsgemeinschaft in ihrer Satzung die Aufgabe nach § 17 Nummer 2 des Bundeswaldgesetzes (Ausführung der Forstkulturen, Bodenverbesserungen und Bestandspflegearbeiten einschließlich des Forstschutzes) gegeben hat, kann die Anerkennungsbehörde bei Mitgliedsflächen über 200 Hektar davon ausgehen, dass der Zusammenschluss für diese Mitglieder im Regelfall eine wesentliche Verbesserung der Bewirtschaftung ermöglicht, sofern die Kalamitätsflächen aktuell und in naher Zukunft einen Anteil von mindestens 20 Prozent der Mitgliedsflächen des einzelnen Mitglieds ausmachen.
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Stimmen und Mehrheitsverhältnisse
Gemäß § 18 Absatz 1 Nummer 4 des Bundeswaldgesetzes prüft die Anerkennungsbehörde die Satzung einer Forstbetriebsgemeinschaft, die die Rechtsform eines rechtsfähigen Vereins mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb gewählt hat, unter anderem unter dem Gesichtspunkt der Beschlussfassung. Gemäß § 18 Absatz 1 Nummer 4b des Bundeswaldgesetzes muss in der Satzung bestimmt sein, dass Beschlüsse über Art und Umfang der durchzuführenden forstlichen Maßnahmen sowie über gemeinsame Verkaufsregeln, soweit nicht die Beschlussfassung darüber nach der Satzung dem Vorstand zusteht, durch die Mitgliederversammlung zu fassen sind und einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen bedürfen.
Gehören einer Forstbetriebsgemeinschaft, die die Rechtsform eines rechtsfähigen Vereins mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb gewählt hat, sowohl Mitglieder mit Flächen unter 200 Hektar als auch Mitglieder mit Flächen über 200 Hektar an, wirkt der Landesbetrieb darauf hin, dass der Charakter einer Forstbetriebsgemeinschaft als Zusammenschluss des kleinen und mittleren Waldbesitzes gewahrt wird und sich dies auch im Stimmrecht und den Mehrheitsverhältnissen laut Satzung ausdrückt. Die Anerkennungsbehörde kann davon ausgehen, dass dies im Regelfall gewährleistet ist, wenn die Mitglieder einer Waldeigentumsfläche von jeweils weniger als 200 Hektar eine Zweidrittelmehrheit gegenüber den Mitgliedern einer Waldeigentumsfläche von jeweils über 200 Hektar erlangen können oder ihnen in der Satzung ein Vetorecht eingeräumt wird. Bereits anerkannte Forstbetriebsgemeinschaften bleiben von dieser Anforderung unberührt.
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Inkrafttreten
Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.
MB.NRW 2025 Nr. 59.