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  • vom 12.08.2025
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Zusammenarbeit mit der oder dem Opferbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen

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Zusammenarbeit mit der oder dem Opferbeauftragten
des Landes Nordrhein-Westfalen

 

Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums der Justiz
(4100-III. 241 Sdb.Opferbeauftragter),
des Ministeriums des Innern
und des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Vom 04.08.2025

 

1
Regelungszweck

 

In Nordrhein-Westfalen können sich die Opfer von Straftaten, ihre Angehörigen und ihnen nahestehende Personen jederzeit telefonisch, per E-Mail, Post oder persönlich an die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten wenden. Kernaufgabe der Opferbeauftragten oder des Opferbeauftragten ist es, Kriminalitätsopfern in Ausübung einer Lotsenfunktion den Zugang zu den unterschiedlichen Hilfsangeboten zu erleichtern.

 

Als besonders wichtig hat sich erwiesen, dass die oder der Opferbeauftragte in Großeinsatzlagen mit zahlreichen Opfern proaktiv tätig werden kann. Die proaktive Opferberatung leistet einen wichtigen Beitrag an der Schnittstelle zwischen der psychosozialen Notfallversorgung für Betroffene in den ersten Stunden und Tagen nach einem Ereignis und den mittel- und langfristigen Angeboten der Opferhilfe, beispielsweise durch finanzielle Unterstützung, Beratung oder Therapie. Um diese Schnittstellenfunktion zu gewährleisten, muss im Ereignisfall der Kontakt zu den zuständigen örtlichen Behörden zeitnah hergestellt werden. Nur so kann die Opferhilfe koordiniert erfolgen, können Zweifelsfragen schnell geklärt und möglichst opferfreundliche Abläufe sichergestellt werden.

 

2
Rechtsgrundlagen der Übermittlung personenbezogener Daten

 

Nach § 1 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. April 2022 (GV. NRW. S. 521), das durch Gesetz vom 19. Dezember 2024 (GV. NRW. S. 1233) geändert worden ist, sind alle Landesbehörden und alle sonstigen öffentlichen Stellen des Landes verpflichtet, die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten bei der Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben zu unterstützen. Dies wird in der Regel mit dem schriftlichen oder mündlichen Austausch personenbezogener Daten einhergehen.

 

2.1
Datenverarbeitung mit Einwilligung der betroffenen Person

Rechtsgrundlage der Übermittlung von personenbezogenen Daten an die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten ist im Regelfall eine Einwilligung der betroffenen Person. Die Einwilligung zur Datenverarbeitung wird eingeholt, sobald sich ein Opfer einer Straftat mit einem Anliegen an die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten wendet. Dabei wird auch geklärt, für welche Zwecke die Einwilligung erteilt wird. Liegt eine Einwilligung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679 des europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2; L 74 vom 4.3.2021, S.35), im Folgenden DSGVO, vor, ist die oder der Beauftragte berechtigt, von anderen Stellen personenbezogene Daten der betroffenen Person zu erheben und diese zu den mit der betroffenen Person vereinbarten Zwecken weiterzugeben.

 

Dies gilt auch für sensible Daten wie zum Beispiel Gesundheitsdaten oder Daten zu Religion oder ethnischer Herkunft nach Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a DSGVO. Wird von der oder dem Beauftragten bezüglich solcher Daten Auskunft von einer Stelle verlangt, die nach § 35 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch das Sozialgeheimnis zu wahren hat, soll die Einwilligung schriftlich oder elektronisch vorliegen, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form der Dokumentation angemessen ist, § 67b Absatz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch. Besondere Umstände im Sinne des § 67b Absatz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch können sich beispielsweise aus einer besonderen Belastung der betroffenen Person durch die Straftat, durch deren Folgen oder aus der zeitlichen Dringlichkeit der Datenübermittlung ergeben.

 

2.2
Datenverarbeitung auf Einwilligungsbasis bei Konsultation durch Dritte

Nach § 2 Absatz 1 des Gesetzes über die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen können sich nicht nur die Opfer der Straftat selbst, sondern auch ihnen nahestehende Personen an die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten mit allen Anliegen unmittelbar wenden. Auch dritte Personen können in grundsätzlichen Angelegenheiten des Opferschutzes Anregungen und Hinweise anbringen. In Fällen dieser Art wird zunächst geklärt, ob die Kontaktaufnahme im Auftrag einer betroffenen Person erfolgt oder zumindest in deren Interesse liegt. Die oder der Opferbeauftragte kann personenbezogene Daten verarbeiten, soweit dies erforderlich ist, um unter Zuhilfenahme dieser Daten mit dem Opfer in Kontakt zu treten und zu klären, ob eine Einwilligung für die weitere Bearbeitung des Falles erteilt wird. In diesem Fall gilt Nummer 2.1 dieses Erlasses entsprechend.

 

2.3
Proaktive Abfrage durch die Beauftragte oder den Beauftragten

Die oder der Opferbeauftragte ist als öffentliche Stelle des Landes berechtigt, zur Wahrnehmung ihrer oder seiner Aufgaben, personenbezogene Daten von Opfern oder ihnen nahestehenden Personen auch ohne deren Einwilligung proaktiv abzufragen, soweit dies erforderlich ist, um unter Zuhilfenahme dieser Daten mit einem Opfer oder nahestehenden Personen in Kontakt zu treten.

 

Diese Befugnis umfasst folgende, in § 3 Absatz 1 des Gesetzes über die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen aufgeführten Angaben:

a) Name und Vorname,
b) Geburtsdatum,
c) Geschlecht,
d) Anschrift und E-Mail-Adresse,
e) Telefonnummer und
f) Art der Betroffenheit von einem Ereignis.

Betroffen von einem Ereignis können verletzte, ersthelfende, vermissende oder sonstige dem Opfer nahestehende Personen sein. Die Verarbeitung weiterer Daten bedarf wie in Nummer 2.2 dargelegt der Einwilligung der betroffenen Person.

 

2.3.1
Übermittlung durch Polizei und kommunale Stellen

Öffentliche Stellen des Landes im Sinne des § 5 Absatz 1 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 2018 (GV. NRW. S. 144, ber. S 278 und S. 404) sind nach § 3 Absatz 3 Satz 1 des Gesetzes über die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen verpflichtet, der oder dem Opferbeauftragten auf ihr oder sein Ersuchen die vorgenannten Daten zur Unterstützung der Tätigkeit zu übermitteln. Da das Angebot von Unterstützung oder Hilfe nur unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen erfolgen soll, unterbleibt die Übermittlung, wenn die betroffene Person einen gegenteiligen Willen kundgetan hat oder wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Unterrichtung ihren schutzwürdigen Interessen widerspricht, § 3 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen.

 

2.3.2
Übermittlung durch die Staatsanwaltschaften

Die Datenübermittlung von den Staatsanwaltschaften an die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten richtet sich nach der Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319) in der jeweils geltenden Fassung, im Folgenden StPO, und nach § 13 Absatz 1 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 300-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 25. Oktober 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 332) geändert worden ist, im Folgenden EGGVG. Das Bundesrecht regelt die Materie abschließend und geht dem Landesrecht insoweit vor.

 

Die Staatsanwaltschaften prüfen, sobald sie mit den Ermittlungen selbst befasst sind, nach Nummer 174a der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. März 2023 (BAnz AT 19.06.2023 B1), ob Verletzte über die Möglichkeit unterrichtet wurden, Unterstützung und Hilfe durch die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten zu erhalten, § 406j Nummer 5 StPO. Falls erforderlich ist die Unterrichtung in geeigneter Form nachzuholen. Sie können die oder den Opferbeauftragten auch selbst einschalten, soweit die betroffene Person eingewilligt hat oder es offensichtlich ist, dass die Übermittlung im Interesse der betroffenen Person liegt und kein Grund zu der Annahme besteht, dass sie in Kenntnis dieses Zwecks ihre Einwilligung verweigern würde, § 13 Absatz 1 Nummer 2 und 3 EGGVG.

 

Da es sich bei der oder dem Opferbeauftragten um eine öffentliche Stelle nach § 474 Absatz 2 StPO handelt, dürfen der oder dem Opferbeauftragten unter diesen Voraussetzungen auch Auskünfte aus Akten erteilt werden. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass personenbezogene Daten anderer Personen, beispielsweise von Beschuldigten oder anderen Zeuginnen und Zeugen, von dieser Ermächtigung nicht umfasst sind. Soweit der oder dem Opferbeauftragten nach § 474 Absatz 3 StPO ausnahmsweise Akteneinsicht gewährt werden soll, sind solche Angaben auszunehmen oder zu schwärzen.

 

Weitere Auskünfte können nach § 475 Absatz 4 StPO an die oder den Opferbeauftragten nur erteilt werden, wenn die davon betroffenen Personen kein schutzwürdiges Interesse an einer Versagung haben. Das erforderliche berechtige Interesse der oder des Opferbeauftragten an einer Auskunft im Sinne des § 475 Absatz 1 StPO ergibt sich aus ihrem beziehungsweise seinem gesetzlichen Auftrag.

 

2.3.3
Übermittlung durch die Sozialbehörden

Die Datenübermittlung von den Sozialbehörden an die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten richtet sich nach dem Zehnten Buch Sozialgesetzbuch, das dem Landesrecht insoweit vorgeht. Abgesehen von der einwilligungsbasierten Datenweitergabe nach Nummer 2.1 gibt es eine Übermittlungsverpflichtung an die oder den Opferbeauftragten bei den Sozialbehörden nicht.

 

Hält allerdings eine Stelle, die nach § 35 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch das Sozialgeheimnis zu wahren hat, aus Anlass eines Übermittlungsersuchens der oder des Opferbeauftragten oder aus eigener Veranlassung die Kooperation mit der oder dem Opferbeauftragten und die Übermittlung von Sozialdaten zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben für erforderlich, darf sie die Daten auch ohne Einwilligung weitergeben, wenn sie für diesen Zweck erhoben oder gespeichert worden sind, § 67c des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch.

 

2.3.4
Übermittlung von Vollzugsdaten

Nach § 7 Absatz 4 des Gesetzes zur Regelung des Vollzuges der Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 (GV. NRW. S. 76), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. Dezember 2024 (GV. NRW. S. 1211) geändert worden ist, stehen für Fragen des Opferschutzes und des Tatausgleichs Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner in den Justizvollzugsanstalten zur Verfügung. Um zu gewährleisten, dass insbesondere Opfer von Gewalt- und Sexualstraftaten, die wegen einer bevorstehenden Haftentlassung des Täters oder der Täterin verängstigt und verunsichert sind, sich direkt und unverzüglich an die kompetente Ansprechperson in der richtigen Justizvollzugsanstalt wenden können, kann die beziehungsweise der Opferbeauftragte über eine Datenabfrage nach § 16 Absatz 7 des Justizvollzugsdatenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 2018 (GV. NRW. S. 555), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 10. Dezember 2024 (GV. NRW. S. 1211) geändert worden ist, beim für Justiz zuständigen Ministerium die zuständige Justizvollzugsanstalt in Erfahrung bringen. Um traumatisierte Opfer, die sich in Betreuung einer Fachberatungsstelle oder einer vergleichbaren Opferschutzeinrichtung befinden, weiter zu entlasten, ist die Möglichkeit eröffnet, diese Informationen im Auftrag des Opfers direkt an eine Beratungsstelle zu übermitteln, § 3 Absatz 1 Satz 4 und 5 des Gesetzes über die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen.

 

3
Netzwerkarbeit

 

Zu den Aufgaben der oder des Opferbeauftragten gehören auch die Förderung der Kooperation der Opferhilfeeinrichtungen untereinander, die Netzwerkarbeit und die Bündelung der Hilfsangebote Dritter. Dabei unterstützen sich die Netzwerkpartner gegenseitig durch regelmäßigen Austausch.

 

3.1
Netzwerkarbeit der Justiz

Die Staatsanwaltschaften und die Präsidialgerichte unterrichten die oder den Opferbeauftragten regelmäßig einmal im Jahr sowie jeweils bei Veränderungen über die in ihrem Geschäftsbereich vorhandenen Ansprechpersonen für Opferbelange und deren Erreichbarkeit, wie zum Beispiel die Koordinatorinnen und Koordinatoren für den Opferschutz, die Antisemitismusbeauftragten, die Ansprechpersonen für die LSBTIQ*-Gemeinschaft und die Sonderdezernentinnen und Sonderdezernenten für Straftaten zum Nachteil von Senioren.

 

In die von den Generalstaatsanwaltschaften jährlich auszurichtenden bezirklichen Treffen der Koordinatorinnen und Koordinatoren und in landesweite Fortbildungen der Justizakademie für Justizangehörige zu Themen des Opferschutzes wird die oder der Opferbeauftragte in geeigneter Form einbezogen.

 

3.2
Netzwerkarbeit der Polizei

Das Landeskriminalamt stellt nach Abstimmung mit dem Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW der oder dem Opferbeauftragten die Daten der Dienststellen des polizeilichen Opferschutzes zur Verfügung und aktualisiert diese bei Veränderung zeitnah. Das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei bezieht die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten in die polizeiliche Fortbildung in geeigneter Form mit ein.

 

3.3
Netzwerkarbeit im Bereich des Gesundheitswesens und des sozialen Entschädigungsrechts

Die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe stellen der oder dem Opferbeauftragten aktuelle Daten zur Erreichbarkeit der Trauma-Ambulanzen und der Fallmanagerinnen und Fallmanager in Verfahren nach dem Vierzehnten Buch Sozialgesetzbuch zur Verfügung. Die Landschaftsverbände und die oder der Opferbeauftragte informieren sich bei Großeinsatzlagen regelmäßig über getroffene Maßnahmen und erbrachte Leistungen.

 

3.4
Netzwerkarbeit der Kommunen

In Nordrhein-Westfalen wird die psychosoziale Notfallversorgung für Betroffene aktuell von den Kommunen als freiwillige Aufgabe und Teil der Daseinsvorsorge im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung wahrgenommen. Hinweise dazu finden sich im Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales „Empfehlungen und Hilfestellungen zur psychosozialen Notfallversorgung für Betroffene (PSNV-B)“ vom 2. April 2024 - V A 4 - 93.21.01 – (n.v.). Zur besseren eigenen Aufgabenwahrnehmung empfiehlt es sich, dass die Kreise oder kreisfreien Städte die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten im Falle größerer Schadensereignisse informieren.

 

Das für Gesundheit zuständige Ministerium stellt der oder dem Opferbeauftragten eine ,,Leistungs- und Kontaktübersicht“ für die die psychosoziale Notfallversorgung für Betroffene zur Verfügung und aktualisiert diese in regelmäßigen Abständen.

 

4
Kooperationen mit der oder dem Opferbeauftragten in Großeinsatzlagen

 

Im Falle eines Terroranschlags oder in Großeinsatzlagen wirkt die oder der Opferbeauftragte nach pflichtgemäßem Ermessen in enger Abstimmung mit den weiteren beteiligten Behörden bei der Koordinierung opferschutzbezogener Maßnahmen mit. Dabei kommt als Großeinsatzlage in Anlehnung an § 1 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz vom 17. Dezember 2015 (GV. NRW. S. 886) in der jeweils geltenden Fassung nicht nur ein Anschlagsgeschehen, sondern jedes Geschehen in Betracht, bei dem unabhängig von einem terroristischen Hintergrund das Leben oder die Gesundheit zahlreicher Menschen oder erhebliche Sachwerte gefährdet sind und aufgrund eines erheblichen Koordinierungsbedarfs eine Unterstützung der Einsatzkräfte erforderlich erscheint.

 

4.1
Polizei

Erhält die Polizei Kenntnis von einem Terroranschlag oder einer sonstigen Großeinsatzlage richtet diese grundsätzlich unverzüglich eine Besondere Aufbauorganisation ein. Innerhalb dieser Struktur wird gewährleistet, dass die oder der Opferbeauftragte informiert und das weitere Vorgehen abgestimmt wird.

 

Die Polizei informiert betroffene Personen über die Kontaktmöglichkeiten zu der oder dem Beauftragten. Im Falle einer Großeinsatzlage oder eines Terroranschlags kann die oder der Opferbeauftragte das Zentrum für Trauma- und Konfliktmanagement in Köln, im Folgenden ZTK, mit der Bereitstellung eines Beratungstelefons beauftragen, über das vom Krisenfall Betroffene durch entsprechend ausgebildetes und erfahrenes Fachpersonal psychosozial betreut werden können. Die Polizei stellt sicher, dass Betroffene schon bei der ersten polizeilichen Befragung auf die allgemeine Hotline 0800 3345667 der Dienststelle der oder des Opferbeauftragten hingewiesen werden. Sobald ein Auftrag an das ZTK erteilt wurde, wird die zuständige Kreispolizeibehörde unter Nennung der betreffenden Hotline-Nummer durch die oder den Opferbeauftragten hierüber informiert. Ab diesem Zeitpunkt gibt die Polizei diese Nummer bei der Beratung Betroffener weiter und teilt diese auch in ihren Pressemitteilungen der Öffentlichkeit mit.

 

Sobald detaillierte polizeiliche Erkenntnisse zu Anzahl der Verletzten und der vermissenden oder sonstigen nahestehenden Personen vorliegen, übermittelt sie auf Ersuchen der oder dem Beauftragten eine Liste mit den in Nummer 2.3 genannten Opferdaten und unterrichtet über das bisher zugunsten der Betroffenen Veranlasste, um Doppelarbeit zu vermeiden.

 

Handelt es sich bei dem Ereignis um eine Straftat im Sinne des § 406g Absatz 3 StPO, bei der für verletzte Personen die Beiordnung einer psychosozialen Prozessbegleitung in Frage kommt, klärt die Polizei, ob ein Antrag auf Beiordnung einer Prozessbegleitung gestellt werden soll. Soweit Verletzte dabei um Hilfestellung bei der Auswahl einer geeigneten Begleitperson bitten, kann auf die Hilfe der oder des Opferbeauftragten zurückgegriffen werden.

 

4.2
Staatsanwaltschaft

Erhält die ermittlungsführende Staatsanwaltschaft Kenntnis von einem Terroranschlag oder einer Großeinsatzlage, nimmt sie spätestens am zweiten auf das Ereignis folgenden Werktag Kontakt zu der oder dem Opferbeauftragten auf und nennt ihm oder ihr eine mit dem Ermittlungsstand vertraute Ansprechperson.

 

4.3
Kommunen

Im Falle eines Terroranschlags oder einer Großeinsatzlage empfiehlt es sich, dass die betroffene Kommune innerhalb von fünf Werktagen nach dem Geschehen gemeinsam mit der oder dem Beauftragten und dem Polizeilichen Opferschutz einen Runden Tisch zur Vernetzung aller in Betracht kommenden Hilfeeinrichtungen initiiert und im Anschluss eine Informationsveranstaltung für die Betroffenen anbietet.

 

Ratsam ist, die Opferbeauftragte oder den Opferbeauftragten zum frühestmöglichen Zeitpunkt über geplante Gedenkveranstaltungen zu unterrichten und ihn oder sie in die Planungen und Gestaltungen mit einzubeziehen.

 

5
Inkrafttreten

 

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft.

 

MB.NRW 2025 Nr. 61.

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